Mögliche gesundheitliche Auswirkungen verschiedener Frequenzbereiche elektromagnetischer Felder (HF-EMF)

Ein Technikfolgenabschätzungs-Projekt im Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) auf Inititive des Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (ABFTA) in der Zeit von 2017-2020.

Aktueller Stand: Bericht ist fertiggestellt und zur Abnahme an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (ABFTA) im Bundestag eingereicht:

„Auf Basis der Gutachten wurde bis Oktober 2020 der TAB-Arbeitsbericht erstellt, der momentan den Prozess der Abnahme durch die Berichterstattergruppe TA der Fraktionen durchläuft.“

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Thematischer Hintergrund

In den kommenden Jahren ist eine weitere Zunahme von elektromagnetischen Feldern (EMF) bzw. von EMF-Quellen zu erwarten. Ursachen hierfür sind der Stromnetzausbau, die Forcierung der Elektromobilität (z. B. drahtlose Übertragung von Strom via Induktionsmagnetfelder) und vor allem die rasante Digitalisierung nahezu aller Lebensbereiche, die gleichzeitig mit einer starken Nutzung mobil einzusetzender Technologien verbunden ist. Hochfrequente EMF (HF-EMF) sind Grundlage digitaler, kabelloser Kommunikation z. B. zwischen WLAN-Routern und Rechnern, Tablets, Mobiltelefonen etc. im gesamten öffentlichen Raum und in praktisch allen privaten Haushalten. Zum Teil ist noch unklar, welche Wechselwirkungen zwischen den diversen EMF zu erwarten sind. Mit dem verstärkten Auftreten von EMF ist jedoch prinzipiell eine insgesamt höhere Belastung der Bevölkerung verbunden.

Die Auswirkungen nichtionisierender Strahlung niederer und hoher Frequenzen auf lebende Organismen sind seit Jahren Gegenstand intensiver Forschung mit nach wie vor teilweise nicht eindeutigen, übereinstimmenden Befunden, woraus unterschiedliche und teils konträre Interpretationen resultieren. Zugleich bilden die als gesichert geltenden wissenschaftlichen Befunde zu biologischen Wirkungsschwellen bei technisch erzeugter elektromagnetischer Strahlung, unterhalb derer keine (identifizier- oder messbare) Wirkungen auftreten, die Grundlage für Grenzwertempfehlungen der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP). Nationale und internationale Expertengruppen und Institutionen – wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder die Strahlenschutzkommission (SSK) und das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Deutschland – orientieren sich in Grenzwertfragen an diesen Empfehlungen.

Mit Blick auf die neuen technologischen Entwicklungen und Anwendungen in den verschiedenen EMF-Bereichen sowie zur diesbezüglich noch notwendigen Verbesserung der wissenschaftlichen Datenlage wurden und werden seitens der zuständigen Bundesministerien und deren nachgeordneten Behörden Forschungsprogramme und -projekte durchgeführt, die zu einer Verbesserung der Risikoabschätzung und -bewertung für EMF beitragen sollen. Zu nennen sind hier vor allem die (Folge-)Forschungsvorhaben aus dem Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramm (DMF) und der freiwilligen Selbstverpflichtung der Mobilfunknetzbetreiber sowie die weiterführenden Forschungsbemühungen des BfS (seit 2014) etwa im Rahmen des Umweltforschungsplans des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), die zum Teil einen sehr breiten, umfassenden Ansatz verfolgen.

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Projektziel und Vorgehensweise

Im Rahmen des TA-Projekts werden die Ergebnisse aus den aktuellen nationalen und internationalen Forschungsprojekten gesichtet und insbesondere darauf hin analysiert, ob relevante bzw. neue Erkenntnisse vorliegen, die substanziell die Diskussionen zu möglichen gesundheitlichen Auswirkungen bzw. Risiken der (HF-)EMF verändern könnten. Außerdem sollen mögliche Forschungslücken und Forschungsbedarfe identifiziert werden. Ein weiteres Ziel besteht darin, Möglichkeiten und/oder Strategien zu einer sinnvollen (notwendigen) Minimierung der Exposition der Bevölkerung durch EMF zu identifizieren bzw. zu beschreiben.

Von besonderer Relevanz ist die Perspektive bzw. die Fokussierung auf Forschungsbemühungen, die zur besseren Risikobewertung der Exposition von Kindern, aber auch von älteren Personen und Menschen mit Vorerkrankungen einen substanziellen Beitrag leisten (könnten). Da die heutigen Kinder und Jugendlichen vermutlich lebenslang und in zunehmendem Maße EMF ausgesetzt sein werden, ist die Frage nach möglichen Langzeitwirkungen von besonderer Bedeutung. So hat aufgrund der wissenschaftlichen Unsicherheiten hinsichtlich möglicher Langzeitrisiken bei intensiver Mobiltelefonnutzung auch die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der WHO 2011 die HF-EMF in die Gruppe 2B der IARC-Skala eingestuft, wonach es nach gegenwärtigem Kenntnisstand begrenzte Hinweise auf kanzerogene Wirkungen dieser Felder gibt. Diese Hinweise resultieren aus epidemiologischen Beobachtungen, können jedoch nicht oder nicht hinreichend durch experimentelle Befunde gestützt werden.

Schließlich wird im Rahmen des TA-Projekts untersucht, welche EMF in welcher Form und in welcher Stärke durch welche Geräte und Anlagen generiert werden. Auf dieser Grundlage sollen dann die daraus resultierenden Belastungen für Menschen abgeschätzt werden. Dabei werden mögliche kumulative Effekte durch gleichzeitig wirksame EMF-Quellen unterschiedlicher Frequenzen berücksichtigt. Dies dient auch dazu, mögliche Erkenntnislücken und Forschungsbedarfe in diesem Themenfeld zu identifizieren.

 

Projektbearbeitung

Dem Problemaufriss entsprechend wurden drei externe Gutachten zu folgenden Themenfeldern erstellt:

  • Aktuelle Forschungen zu möglichen gesundheitlichen Auswirkungen bzw. Risiken der (HF-)EMF (2017)

  • Systematische Beschreibung der EMF-Emissionen elektrischer Geräte und Anlagen (2017)

  • Aktuelle Forschungen und Ergebnisse zu EMF-Risiken für Kinder und ggf. ältere Menschen (2019)

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Fundtstelle am 20.12.2020, hier: https://www.tab-beim-bundestag.de/de/untersuchungen/u30300.html

3 Kommentare zu „Mögliche gesundheitliche Auswirkungen verschiedener Frequenzbereiche elektromagnetischer Felder (HF-EMF)“

  1. Gefahren durch 5G – Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag

    Der Leiter des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB), Prof. Dr. Armin Grunwald zu Gefahren durch 5G im Audio Interview der Schwäbischen Zeitung am 14.7.2019:

    „Ein wirtschaftliches Interesse darf nicht mehr zählen als das Interesse der Menschen, körperlich unversehrt zu bleiben. Das geht ganz klar aus unserem Grundgesetz hervor, dass das Recht auf körperliche Unversehrtheit ein Grundrecht ist, während das Recht auf Geldverdienen ist kein Grundrecht.“ (ab Min. -58:51)

    „Der Trick ist bei 5G vor allen Dingen, dass man in höhere Frequenzbereiche geht, die in den bisherigen Mobilfunknetzen noch gar nicht genutzt worden sind. Und hier ist für mich eine offene Frage, ob das andere Effekte geben kann als bei den bisherigen Geräten. Ich sage nicht, ob da was Schlimmes ist, ich sage nur, ich weiß es noch nicht. Ich würde sogar noch zusätzlich sagen, auf Grund meiner Vergangenheit als Physiker  und meiner Kenntnis der Lage, bin ich, sagen wir mal, nicht dramatisch besorgt, aber es muss erforscht werden. Das muss auch dringend erforscht werden, denn die Versteigerungen haben schon stattgefunden, in einigen Ländern läuft das schon und fängt es an zu laufen, d.h. wenn wir verhindern wollen, dass hier so etwas wie Realexperimente mit Menschen gemacht werden, in dem Sinne, erst mal installieren, dann später gucken, ob was Schlimmes rauskommt, ist hier dringend geraten, das zu erforschen. Ob und eventuell was diese höheren Frequenzen, auch mit höheren Feldstärken verbunden, im biologischen Gewebe, insbesondere im Menschen, machen können.“ (ab Min. – 49:10)

    „Unsere Aufgabe, auch bei mir in der Technikfolgenabschätzung ist ja genau, sich frühzeitig damit zu befassen, um dann zu verhindern, dass später, dann wenn schon die Schäden da sind, irgendwelche üblen Entwicklungen eingetreten sind.“ (ab Min, – 45:44)

    „Und jetzt müsste Forschung ansetzen, und ich hoffe auch, sie läuft schon, da hab ich jetzt keinen näheren Einblick, ich bin nur auch, das sag ich ganz offen, etwas überrascht, dass schon die Frequenzen versteigert wurden, dass schon der Zug fährt, und scheinbar vorher niemand, oder niemand will ich nicht sagen, jedenfalls nicht erkennbar, diese Dinge erforscht worden sind.“ (ab Min.  – 44:38)

     

    Fundstelle bei diagnose:funk online am 28.12.2020, hier:

    https://www.diagnose-funk.org/publikationen/artikel/detail?newsid=1436

     

  2.  

    Wie gefährlich ist 5G für die Menschen?

    Armin Grunwald im Gespräch bei Podcast „Sag’s Pauly“. In: Schwäbische Zeitung online am 14.7.2019.

    Die Lizenzen sind versteigert. Firmen warten darauf, dass sie endlich die 5G-Frequenzen nutzen zu können, um Daten zwischen Robotern in Echtzeit hin und her zu senden, komplizierte Vorgänge automatisiert zu steuern oder Fahrassistenzsysteme bei selbstfahrenden Autos in Sekundenbruchteilen reagieren zu lassen.

    1000-mal so viele Daten wie bisher

    Dafür soll mit Hilfe von 5G die tausendfache Menge an Daten übermittelt werden – doch dazu sind deutlich mehr Funkzellen nötig. Das wiederum sorgt bei vielen Menschen für große Sorgen – zumal es Studien gibt, die bei Tierversuchen Auswirkungen auf Krebszellen und die DNA gezeigt haben. Doch was sagen diese Tests über Wirkungen auf den Menschen aus?

    Ohne Studien ein „Experiment am Menschen“

    Während die Industrie schon milliardenschwere Projekte plant, ist eine entscheidende Frage völlig offen: Sind die elektromagnetischen Strahlen, die im Zusammenhang mit 5G entstehen, unschädlich für Menschen?

    Diese Frage müsste vor dem Verkauf der Lizenzen geklärt sein – ist sie aber nicht. Das kritisiert Professor Armin Grunwald. Sollten die Auswirkungen nicht untersucht werden, sei die Einrichtung eine Art Experiment am Menschen.

    Weltweit größte Einrichtung für Technikfolgenabschätzung

    Grunwald leitet das Institut für Technikfolgenabschätzung in Karlsruhe, die weltweit größte Einrichtung dieser Art. Außerdem ist der Physiker und Philosoph Leiter des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag. Mit seinem Team erarbeitet er im Auftrag des Bundestages Studien zu den Folgen von neuen Technologien.

    Wie Professor Grunwald die Gefahren durch 5G einschätzt, warum der Bundestag bisher keinen Auftrag gegeben hat, der sich mit den Auswirkungen auf die Gesundheit befasst und wie sich Philosophie und Technik in solchen Fragen ergänzen – darüber spricht er ausführlich mit Andrea Pauly: https://www.schwaebische.de/sonstiges/podcasts/sags-pauly_podcastid,156.html

    Fundstelle am 28.12.2020, hier:

    https://www.schwaebische.de/sueden/baden-wuerttemberg_artikel,-podcast-sags-pauly-wie-gefaehrlich-ist-5g-fuer-die-menschen-_arid,11078528.html

     

  3. Der Umweltreferent Hans Schmidt des Stadtrates Wolfratshausen (Bayern), fragte am 12.08.2020 beim Büro für Technikfolgen-Abschätzung des Deutschen Bundestages (TAB) nach, bis wann eine Technikfolgenabschätzung zu 5G abgeschlossen sei. Er bekam vom TAB aus Berlin folgende Antwort:

    „Das laufende TAB-Projekt http://www.tab-beim-bundestag.de/de/untersuchungen/u30300.html befindet sich in der Endphase, wir hoffen, den zugehörigen Abschlussbericht im Herbst dieses Jahres den für TA zuständigen Abgeordneten zu Prüfung und Abnahme vorlegen zu können. Die Genehmigung und Veröffentlichung des Berichts wird sicher nicht vor Anfang 2021 geschehen. Der Bericht befasst sich allerdings nicht mit dem ‚Problemkreis 5G‘!“

    Auf die Nachfrage, ob ein solcher Bericht zu 5G noch geplant sei, kam am 13.08.2020 die Antwort:

    „Sehr geehrter Herr Schmidt,

    ein TA-Bericht zu den Auswirkungen von 5G ist zurzeit nicht vom Bundestag geplant.

    Mit freundlichem Gruß

    Christoph Revermann“

     

    Abdruck mit frdl. Genehmigung von Hans Schmidt bei diagnose:funk am 14.11.2020, hier: https://www.diagnose-funk.org/publikationen/artikel/detail&newsid=1628

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