Mobilfunk: Bürgerentscheid über 5G? Geht das?

Gemeindeverwaltungsverband und Landratsamt gehen davon aus, dass dies die Möglichkeiten der Gemeinde überschreitet

Von Victoria Langelott in Badische Zeitung Markgräflerland 19.10.2019, ohne Seitenangabe.

EIMELDINGEN/EFRINGEN-KIRCHEN. Der Ausbau des Mobilfunkstandards auf die fünfte Ge­neration (5 G) verspricht wesentlich schnellere Datenübertragungsraten und ist weltweit angestrebt. Da wirkt die Idee, eine Ortschaft wie Eimeldingen könnte dies zum Gegenstand eines Bürgerentscheids machen, erst einmal abwegig. Es war eine Eimeldingerin, die diese Idee neulich in einem Schreiben an den Bürgermeister und den Gemeinderat vorbrachte. „Welche Eimeldinger möchten den 4G-5G-Standard? Könnten wir darüber bitte in einem Bürgerentscheid abstimmen?“, bat sie. Aber – ginge das denn?

Anfang des Monats ist wie berichtet ein mobiler Funkmast von Vodafone in Eimeldingen in Betrieb gegangen, auf einem Gemeindegrundstück und befristet auf ein Jahr – er sichert den Standard 4 G. Wäre es nach der Eimeldingerin Caroline Kranzer gegangen, bräuchte es schon 4 G nicht und sie fragt sich, ob andere Eimeldinger das brauchen. Allerdings geht es bei dem global angestrebten Ausbau auf 5G gar nicht so sehr um die einzelnen, privaten Nutzer, sondern vielmehr ums Ermöglichen neuer Technologien – Stichwort künstliche In­telligenz oder selbstfahrende Autos. In diesem Sommer sind in Deutschland die Lizenzen für 5 G für enorme Summen versteigert worden.

Was Kiesewetter sagt

Laut Gemeindeordnung ist ein Bürgerentscheid bei Themen möglich, die alle Mitglieder ei­ner Gemeinde angehen und die im Entscheidungsbereich der Gemeinde liegen. Die Frage ist also: Ist das bei 5 G der Fall? Wäre es möglich, in einem Ort Bürger über die neue Tech­nologie entscheiden zu lassen? Könnte sich eine Gemeinde zur 5-G-freien Zone erklären? Dominik Kiesewetter, Hauptamtsleiter des Gemeindeverwaltungsverbandes, zu dem Eimel­dingen gehört, verweist auf BZ-Nachfrage allerdings gleich auf die Kommunalaufsicht im Landratsamt Lörrach. Er selbst formuliert aus seiner Sicht vorsichtig, dass er davon ausge­he, „dass ein genereller Entscheid gegen 5 G nicht Angelegenheit der Gemeinde ist.“ Er er­gänzt, dass eine Gemeinde lediglich über die ihr gehörenden Grundstücke steuern könne, ob dort solche Funkmasten aufgestellt werden dürften oder nicht.

Was das Landratsamt sagt

Das Landratsamt schickt auf die Frage nach einem Bürgerentscheid gleich voraus, dass „Auskünfte zu möglichen Gegenständen eines Bürgerbegehrens und gegebenenfalls späte­ren Bürgerentscheids äußerst schwierig sind, da es auf die ganz konkrete Fragestellung an­kommt.“ Nach der Gemeindeordnung müsse zudem der jeweilige Gemeinderat die Zuläs­sigkeit eines Bürgerbegehrens prüfen und darüber entscheiden. Allerdings: Das Beispiel des Bürgerentscheids über den weiteren Kalkabbau bei Efringen-Kirchen 2012 zeigt auch, dass der Gemeinderat „überstimmt“ werden kann. Der Gemeinderat hatte einen Bürgerentscheid zur Kalksteinbrucherweiterung abgelehnt. Eine Bürgerinitiative erwirkte jedoch mit der Sammlung von Unterschriften ein Bürgerbegehren, ein Bürgerentscheid musste stattfinden, der dann zugunsten des Kalkwerks ausging. Bei diesem Anliegen war aber klar: Es betraf – anders bei 5 G – nur das Gemeindegebiet und nur die Bürger der Gemeinde.

Und das Bundesverfassungsgericht

Können Bürger, ein Gemeinderat also nicht über 5 G entscheiden, weil es nicht „in ihrem Wirkungskreis“ liegt? Die Frage, so erinnert man im Landratsamt, inwieweit allgemeinpoli­tische Themen vom Gemeinderat behandelt werden könnten tauche immer wieder einmal auf. Ein Beispiel sei die Zeit der Antiatomkraftbewegung. In den 1980er-Jahren habe die Frage zum Beispiel gelautet, ob eine Gemeinde sich zur „atomwaffenfreien Zone“ erklären könne. Hierzu habe das Bundesverfassungsgericht allerdings bereits im Jahre 1958 wie folgt geurteilt: „Die Gemeinde überschreitet die ihr gesetzten rechtlichen Schranken, wenn sie zu allgemeinen, überörtlichen, vielleicht hochpolitischen Fragen Resolutionen fasst oder für oder gegen eine Politik Stellung nimmt, die sie nicht als einzelne Gemeinde besonders trifft, sondern der Allgemeinheit – ihr nur so wie in allen Gemeinden – eine Last aufbürdet oder sie allgemeinen Gefahren aussetzt.“

Im Landratsamt folgert man daraus, dass viel dafür spreche, dass die Erklärung zur 5G-freien Zone nicht zum Wirkungskreis der Gemeinde gehöre und daher kein zulässiger Ge­genstand für einen Bürgerentscheid wäre. Vorschriften an private Grundstückseigentümer zum Aufstellen von Funkmasten dürften ebenfalls kaum zulässig sein. „Zur Einschränkung des Eigentumsrechts bedarf es einer konkreten gesetzlichen Grundlage.“

Oder ein Volksentscheid?

Wenn nun aber wie in diesem Fall das ganze „Volk“ betroffen ist, wäre dann ein Volksent­scheid denkbar? Die Frage führt zu einem Kuriosum. Es gibt tatsächlich keine Möglichkeit für deutschlandweite Volksentscheide, es sei denn -“zur Neugliederung des Bundesgebie­tes“. Auf Landesebene allerdings sind Volksbegehren und Volksentscheide möglich, wie „Rettet die Biene“ gerade gezeigt hat.

https://www.badische-zeitung.de/buergerentscheid-ueber-5-g-geht-das